Neues Projekt „FlexLabQuartier“ mit 2,2 Millionen Euro gefördert
Ressourcenschonend leben und arbeiten, damit Treibhausgase verringern und die Umweltbelastung mindern: Erneuerbare Energien leisten im Kampf gegen den Klimawandel einen wichtigen Beitrag. Das Software Innovation Lab im „SICP – Software Innovation Campus Paderborn“ der Universität Paderborn ist an dem Projekt „FlexLabQuartier“ beteiligt, das sich mit der klimaneutralen Versorgung von Quartieren befasst. Gemeinsam mit sechs Projektpartner*innen entwickeln die Wissenschaftler*innen der Universität Paderborn Lösungen für einen klimafreundlichen Betrieb von Quartieren und beziehen dabei technische, soziale, ökologische und wirtschaftliche Gesichtspunkte in ihre Untersuchungen mit ein. Dadurch sollen Hemmnisse für die Transformation abgebaut werden, die aufgrund von fehlender Wirtschaftlichkeit oder Interessenkonflikten bestehen. Ansetzen wird das Projekt in Ostwestfalen-Lippe (OWL), das als ländliche und stark vom Mittelstand geprägte Region besonderes Potenzial für die Energiewende bietet. In drei modellhaften Reallaboren in Borchen, Bielefeld und Verl entstehen dafür in den nächsten Jahren energieoptimierte und möglichst klimaneutrale Quartiere. Das Projekt wird für den Zeitraum von drei Jahren mit insgesamt 2,2 Millionen Euro durch das Land NRW sowie Mitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.
Sektoren Strom, Wärme und Mobilität vernetzen
Im interdisziplinären Projekt soll aufgezeigt werden, wie die Transformation hin zu nachhaltigen Quartieren gelingen kann. Dazu entwickeln die Wissenschaftler*innen der Universität Paderborn rund um Prof. Dr.-Ing. Henning Meschede (Leiter der Fachgruppe Energiesystemtechnik) und Prof. Dr. Guido Schryen (Inhaber der Professur für Wirtschaftsinformatik, insb. Operations Research) Planungssysteme, die beim Aufbau und Betrieb von Quartiersnetzen unterstützen und konkrete Empfehlungen zur Umgestaltung des Energiesystems liefern. „Im Ergebnis soll ein sektorübergreifendes Planungsverfahren zur effizienten Gestaltung und zum Betrieb von möglichst klimaneutralen Quartieren entstehen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Abbildung der unterschiedlichen und sich gegebenenfalls widersprechenden Interessen und Zielen der Akteur*innen eines Quartiers. Wir wollen die Vorteile der Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität nutzen, sodass ein Energiesystem entsteht, das die Nutzung regenerativer Energien im Quartier fördert und gleichzeitig sicher und wirtschaftlich betrieben werden kann“, sagt Dr. Christoph Weskamp, R & D Manager im SICP.
Herausforderungen für Industrie und Gesellschaft
Im Zuge der Energiewende vollzieht sich ein Wandel von fossilen zu klimaneutralen und erneuerbaren Ressourcen. Im Jahr 2023 lag der Anteil von erneuerbaren Energien an der deutschen Stromerzeugung bei über fünfzig Prozent. Neben vielen Potenzialen birgt diese Entwicklung auch Herausforderungen für Industrie und Gesellschaft: Während sich fossile Energie gezielt steuern lässt, ist Energie aus erneuerbaren Quellen volatil, also eher unbeständig. „Ballungsräume haben einen hohen Energie‐ und Ressourcenbedarf. Gleichzeitig beherbergen sie großes Einsparpotenzial und sind geeignet, um verschiedene Energiesektoren miteinander zu verbinden und dadurch Flexibilitäten auf der Nachfrageseite zu nutzen. Dafür muss auch der Ausbau der entsprechenden Infrastruktur in der Region vorangetrieben werden“, erklärt Meschede.
Optimale Voraussetzungen für Quartiere in OWL
Um die Hindernisse gezielt abzubauen, möchten die Projektbeteiligten in bestehenden Quartieren die Versorgung mit Energie und Mobilität klimaneutral umgestalten und deren Betrieb im Reallabor demonstrieren. „In der Vergangenheit scheiterten solche Vorhaben meist an der mangelnden Wirtschaftlichkeit sowie verschiedenen Akteurinteressen und fehlenden Kenntnissen bezüglich sektorenübergreifender Energiesysteme“, so Meschede. In Ostwestfalen-Lippe soll sich dies nun ändern. Als Wachstumsregion, die durch größere Städte aber auch ländliche Räume und einer Vielzahl von Unternehmen gekennzeichnet ist, biete OWL optimale Voraussetzungen für „FlexLabQuartier“. Mittels intelligent gesteuerter Flexibilitäten – zum Beispiel eine gezielte Stromerzeugung oder eine Änderung der Stromnachfrage – soll das lokal erzeugte Angebot aus erneuerbaren Energien mit der regionalen Nachfrage an Energie in den Quartieren im Gleichgewicht gehalten und so das elektrische Netz entlastet und stabilisiert werden. Sollte der Strombedarf im Quartier die zu der Zeit erzeugte Menge übersteigen, sollen mit bestimmten Technologien diese Differenzen abgefangen werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der in der Region erzeugte Strom möglichst lokal genutzt und ein übermäßiger externer Energiebezug vermieden wird. Durch die ausbleibenden Energiebezugskosten und die Vermarktung von nicht lokal genutzten Flexibilitäten an möglichen Energiemärkten steigt wiederum die Wirtschaftlichkeit des Quartiers. „Mithilfe der mathematischen Optimierung sollen verschiedene Ausbauvarianten und Betriebsmöglichkeiten eines integrierten Energiesystems im Quartier analysiert und Gestaltungs- und Handlungsempfehlungen entwickelt werden“, erläutert Schryen.
Neben der Universität Paderborn gehören der Verein Energie Impuls OWL, die Fachhochschule Bielefeld, die HORIZONTE-Group Technik GmbH, die Westfalen Weser Netz GmbH, die Westaflex GmbH und die Stadt Verl zum Projektkonsortium.