Re­tail Data Space - Ein ver­teiltes War­en­wirtschaftssys­tem, das Händ­ler, Kun­den & Her­steller vernet­zt

Durch den Online-Handel hat sich das Kaufverhalten der Konsumenten verändert. Sie nutzen die vielfältigen Informationsangebote im Internet, informieren sich über Produkte und Lieferanten, vergleichen Preise und kaufen online ein. Sie profitieren dabei auch von der Lieferung nach Hause und durch das Retourenmanagement. So verliert der stationäre Handel stetig Marktanteile an den Online-Handel. Die Beschränkungen im Zuge der COVID-19-Pandemie haben diese Tendenz noch einmal verstärkt und weitere Käufergruppen für den Online-Kanal erschlossen.

Wichtige Gründe für die Kaufentscheidung der Konsumenten pro Online-Handel sind die höhere Informationstransparenz (u.a. Produktbeschreibungen und Rezensionen, Bilder und Videos, Preise, Warenverfügbarkeit) sowie die attraktive Preisgestaltung im Online-Kanal. Dem stationären Handel gelingt es bisher nicht, adäquat nachzuziehen und die Defizite bei der Qualität der Produktinformationen, den nicht wettbewerbsfähigen Preisen und der fehlenden Transparenz über das innerstädtische Angebot effektiv zu beseitigen. Eine große Chance besteht aber darin, die vorhandenen Stärken (innerstädtische Präsenz, Beratungskompetenz, usw.) mit zusätzlichen datenbasierten Diensten, Online-Angeboten und konkurrenzfähigen Preisen aufzuwerten.

Forschungskooperation mit Start-ups

Gemeinsam mit Thomas Göllner, dem Gründer der Firma LocalOfferCompass, wurde im SICP das Konzept eines geteilten Warenwirtschaftssystems („Retail Data Space“) entwickelt, das nun von der Ratoja GmbH zur Marktreife gebracht wird. Im Kern dieser Handelsplattform stehen Transparenz der lokalen Warenverfügbarkeit und konkurrenzfähige Preisgestaltung. Neu und wesentlich ist, dass neben Händlern und Konsumenten auch die Hersteller der Produkte einbezogen sind. Dies ermöglicht ein effektives und effizientes Warenmanagement und die Nutzung digitaler Services für ein erfolgreiches Multikanalmanagement, online und stationär.

Digitale Dienstleistungen – Gleichziehen mit Online-Handel

Der Konsument ist es online so gewohnt und erwartet auch bei der Produktsuche in der Innenstadt digitale Unterstützung, Transparenz und Informationsqualität. Er sucht nach wettbewerbsfähigen Preisen und möchte wissen, wo er das Produkt in der Innenstadt finden kann (Verfügbarkeit, evtl. Navigation zum Ladengeschäft, ggf. Lieferservice). Mit der angestrebten Daten-Plattform soll der stationäre Handel befähigt werden, das innerstädtische Warenangebot informativ, digital und ortsbezogen für Konsumenten sichtbar zu machen. Hersteller liefern Produktinformationen und unterstützen auf Basis von Bestands- und Bewegungsdaten im System den Handel bei Warendisposition und Abverkaufsmaßnahmen. Hierzu müssen lediglich die Warenbewegungen über einfache Scanner erfasst werden.

Innovative Funktionalität in der Dreiecksbeziehung von Handel,  Konsument und Hersteller

Dabei ist der Hersteller verantwortlich, Produkte anzulegen, Produkt- und Marketinginformationen für die Zielgruppen (Handel, Konsument) zu hinterlegen und für jede Produktinstanz einen individuellen Identifikator („Seriennummer“) zu erzeugen und z. B. als QR-Code abzurufen. Das System ermöglicht eine eindeutige Dokumentation von Warenübergängen (Hersteller, Distribution, Handel, Konsument) über den jeweiligen Produktscan (Wareneingang und -ausgang). Der Konsument findet über die Plattform die Produkte aller beteiligten Hersteller und sieht den Warenbestand und den Preis eines oder mehrerer Anbieter des innerstädtischen Handels in Echtzeit. Der Händler kann alle relevanten Produktinformationen des Herstellers nutzen, ohne sie selbst aufwändig erstellen zu müssen, und sich einen produktbezogenen Überblick der Preise einer selbst definierten Gruppe von Wettbewerbern verschaffen, um konkurrenzfähige Preise anzubieten. Der Hersteller kann Warenumsatz und Lagerbestände sehen und den Händler systematisch bei Disposition und Abverkauf unterstützen. Da der Hersteller über die Lagersituation durchgängig informiert ist, besteht die Möglichkeit, die Supply-Chain auf ein Pull-Modell, das am Abverkauf des Handels ausgerichtet ist, umzustellen. Eine wett-bewerbsfähige Bepreisung können Hersteller unterstützen, indem sie die spezifische Vertriebsleistung fair honorieren. Hierbei hilft die Warenverfolgung ebenfalls, denn Warenflüsse über unterschiedliche Vertriebswege werden – aufgrund der individuellen Produktidentifikation – sichtbar. Damit lassen sich auch Graumarkthandel und Produktfälschungen und die hierdurch verursachte Preiserosion wirksam bekämpfen, zum Nutzen aller am Handelssystem beteiligten Akteure.

Erfolgreiche Zusammenarbeit von Hochschule und Wirtschaft am Standort Paderborn

Eingang in die Lösungsentwicklung fanden die Ergebnisse von zwei Masterarbeiten, die im SICP durchgeführt wurden. Sie haben maßgeblich zur Konzeptentwicklung und zur Realisierung eines ersten Prototyps beigetragen und demonstrierten die technische Machbarkeit. Inzwischen hat die Ratoja GmbH, Paderborn die Weiterentwicklung der Software übernommen. Das Software Innovation Lab der Universität Paderborn begleitet weiterhin als wissenschaftlicher Partner die Weiterentwicklung der Plattform und innovativer Dienste. Aus der Zusammenarbeit ist zudem eine Patentanmeldung für ein Verteiltes Warenwirtschaftssystem entstanden. Nun geht es darum, die Plattform mit Leben zu füllen und Hersteller, Händler sowie Konsumenten zum Mitmachen zu gewinnen.

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Prof. Dr. Stefan Sauer

Software Innovation Campus Paderborn (SICP)

Managing Director, R&D Manager Software Engineering

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