Anfang Februar trafen sich der NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart und der Landtagsabgeordnete Matthias Goeken aus dem Wahlkreis Höxter mit Vertreter*innen des Projekts 5G4Industry und des Competence Centers 5G.NRW in der SmartFactory OWL in Lemgo, um über den Mobilfunkstandard 5G als Umsetzungsbaustein im Digitalisierungs- und Industrie-4.0-Gesamtkonzept zu diskutieren.
Wie Prof. Jürgen Jasperneite, Direktor des Fraunhofer IOSB-INA, bei seiner Begrüßung der Gäste hervorhob, ist die Region Ostwestfalen-Lippe bei der industrienahen 5G-Forschung sehr gut aufgestellt. Dr. Simon Oberthür, Manager im SICP – Software Innovation Campus Paderborn der Universität Paderborn, stellte zunächst die Ziele und den Fortschritt des Projekts vor. „Die große Frage der Industrie ist, wie Ressourcen passgenau bereitgestellt werden können“, so Dr. Simon Oberthür. „Dabei darf 5G nicht als bloße Zugangstechnologie verstanden werden. 5G-Systeme umfassen nicht nur Netzdienste, sondern auch Speicher- und Verarbeitungsressourcen“, ergänzt Dr. Oberthür. Auf die Frage, ob Industrie 4.0 überhaupt ohne 5G umsetzbar sei, stellte Prof. Jasperneite fest, dass es durchaus konkurrierende Technologien gibt, die je nach Anwendungsfall genauso geeignet sind wie 5G und dass der Nutzen für die anwendenden Unternehmen die Investitionskosten aufwiegen muss. Bei Fragen zur Integration neuer Komponenten und Abschätzung des individuellen Nutzens sei weitere Aufklärungsarbeit nötig. Dr. Darius Schlangenotto, Projektleiter auf Seiten der beteiligten BENTELER Gruppe, schätzt, dass eine Komplettumstellung auf 5G in der Praxis für kein Unternehmen wirtschaftlich sein wird, da allein der Produktionsstillstand während der Umstellung erhebliche Kosten verursachen würde. Er sieht in Zukunft eher die Integration neuer Anwendungen im laufenden Betrieb.
Auch Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart sieht große Potenziale für die Industrie: „Damit wir in Nordrhein-Westfalen unsere Schlüsselposition im Bereich 5G weiter ausbauen können, müssen wir vor allem die Anwendungsfelder der Industrie im Fokus haben. Das Potenzial ist groß, gleichzeitig gewinnen die Anforderungen an Datenraten und Latenz im industriellen Kontext immer mehr an Bedeutung. Mit dem Projekt 5G4Industry fördern wir im Rahmen des Wettbewerbs 5G.NRW ein starkes Konsortium aus Wissenschaft und Wirtschaft, dass die industriellen Anforderungen sowie die Bedürfnisse der kleinen und mittlere Unternehmen in den Blick nimmt und wichtige Impulse für die Region OWL und darüber hinaus setzt.“
Matthias Goeken stimmt zu und ergänzt, dass beispielsweise die durch Augmented Reality (AR) gestützte Wartung komplexer Maschinen für den regionalen Mittelstand große Chancen im Kampf gegen den Fachkräftemangel bereithält, da nicht in jedem Betrieb ein Experte oder eine Expertin für jede Maschine vorgehalten oder aus großer Ferne eingeladen werden muss.
Bei einem abschließenden Rundgang durch die SmartFactory OWL konnten erste Bestandteile des Projektergebnis-Demonstrators gezeigt werden. Dieser soll unter anderem den 5G-Kompetenzaufbau in der Region fördern und Unternehmen die Möglichkeit geben, 5G-Szenarien live zu erfahren, ohne eigene Investitionen zu tätigen. Die großen, am Projekt beteiligten Unternehmen bringen die Situation auf den Punkt. Simon Althoff, Projektleiter seitens der Detmolder Weidmüller Interface GmbH & Co. KG, merkt an, dass die Hemmschwellen bei 5G deutlich größer sind als bei den kleinen, iterativen Innovationen der letzten zehn Jahre. Besonders der finanzielle Aufwand für die Einrichtung eines eigenen Campusnetzes und Integration in vorhandene Fertigungskommunikationsnetze hindert kleine wie große Unternehmen daran, erste Testläufe von 5G-Anwendungen ins Auge zu fassen. Dr. Schlangenotto macht Hoffnung, dass neben dem geplanten Demonstrator dieses und anderer Projekte auch Mietmodelle für 5G-Infrastruktur, wie sie der Projektpartner MECSware anbietet, eine gute Möglichkeit wären, die 5G-Technologie ohne hohe Investitionskosten auszuloten.