In der jüngsten Förderausschreibung zur Weiterentwicklung des Technologie-Netzwerks it’s OWL wurden nun sechs von dreizehn eingereichten Projektvorhaben durch ein unabhängiges Gutachtergremium zur Förderung vorgeschlagen. In den Projekten entwickeln siebzehn Unternehmen und fünf Forschungseinrichtungen gemeinsam Ansätze und Lösungen für die Produktion der Zukunft. Der SICP–Software Innovation Campus Paderborn der Universität Paderborn ist an zwei Projekten beteiligt.
Als Konsortialführer arbeitet der SICP, unter Beteiligung von Prof. Dr. Daniel Beverungen und Prof. Dr. Oliver Müller, gemeinsam mit den Unternehmen Contact Software, Weidmüller, GEA und dem Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM an dem Projekt „Process Mining zur Analyse und Präskription industrieller Kernprozesse“ (BPM-I4.0). Process Mining ist eine Methode, die anhand von Daten Geschäftsprozesse erkennt, analysiert und verbessert. Während das Process Mining in bestimmten Branchen, wie bspw. dem Online-Handel, bereits fest etabliert ist und strategische Wettbewerbsvorteile begründet, bestehen bei der Anwendung im Bereich industrieller Kernprozesse noch wesentliche Herausforderungen. So sind diese Prozesse zwar meist standardisiert, sie weisen aber nur sehr selten Eigenschaften im Sinne von Big Data auf, die für etablierte Process-Mining-Verfahren vorausgesetzt werden. Übergeordnetes Ziel des Verbundforschungsprojekts BPM-I4.0 ist es, die Fähigkeit zur vorausschauenden (präskriptiven) Optimierung industrieller Geschäftsprozesse, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), substanziell zu verbessern. Unternehmen werden mit den zu entwickelnden Methoden zur proaktiven Steuerung interner sowie zum Kunden gerichteter Prozesse befähigt, was mittel- bis langfristig die Wettbewerbsfähigkeit stärkt. Dafür werden im Projekt innovative Vorgehensweisen, Konzepte, Algorithmen und digitale Werkzeuge am Beispiel des Produktentstehungsprozesses bei Weidmüller und des Auftragsabwicklungsprozesses bei GEA entwickelt, prototypisch implementiert, evaluiert, aufbereitet und generalisiert.
„Entwicklung und Umsetzung eines ganzheitlichen Ansatzes zur Digitalisierung von Prozessen in Industriebetrieben mittels Low-Code-Software“ (Pro-LowCode) lautet das zweite Projekt, an dem der SICP mit der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL) und den Unternehmen S&N Invent, Homag Kantentechnik und DENIOS zusammenarbeitet. Aufgrund der Digitalisierung und Optimierung von Prozessen besteht in Unternehmen ein steigender Bedarf an betriebsspezifischen Softwareanwendungen. Doch ohne tiefe Programmierkenntnisse gestaltete es sich bislang schwierig, Softwareanwendungen zu erstellen. In vielen Unternehmen mangelt es an IT-Fachkräften; die jeweiligen Abteilungen sind meist in hohem Maße ausgelastet. Um dieses Problem zu lösen, sollen mithilfe von Low-Code-Entwicklung betriebsspezifische Softwareanwendung geschaffen werden, die bestehende Prozesse digital unterstützen und optimieren. Durch diese Art der Programmierung ist es möglich, dass Beschäftigte in Fachabteilungen ohne erweiterte Programmierkenntnisse Softwareanwendungen mittels einer grafischen Benutzeroberfläche erstellen und sich effektiv an der Anwendungsentwicklung beteiligen, da der Programmcode automatisch im Hintergrund erzeugt wird. Eine solche Low-Code-Entwicklung bietet ein großes Potenzial, passgenaue Lösungen zur Digitalisierung, Automatisierung und Optimierung von Prozessen in den Unternehmensabteilungen zu entwickeln und damit die Produktivität der Softwareentwicklung maßgeblich zu steigern.
„Die Projekte sind eine ausgezeichnete Möglichkeit, um gemeinsam mit unseren Partnerunternehmen innovative Verfahren und Methoden zum Process Mining sowie zur Softwareerstellung zu entwickeln”, freut sich Prof. Dr. Gregor Engels, stellvertretender Sprecher des SICP, und ergänzt: „Die neue Zukunftsmeile 2 bietet dabei als Industrie-Forschungscampus mit ihren flexibel gestaltbaren Multifunktionsflächen, dem Design-Thinking-Labor und Projektbüros eine hervorragende Infrastruktur zur Kollaboration mit den Unternehmen.“
Wenn die Förderung durch das Land Nordrhein-Westfalen bewilligt ist, werden die beiden Projekte im Rahmen des Spitzenclusters it’s OWL ab voraussichtlich März 2021 starten. Die Projektlaufzeit beträgt 24 Monate und das Gesamtvolumen der beiden Projekte umfasst ca. 2,9 Mio. Euro. Das Land NRW plant, die beiden Vorhaben mit Mitteln in Höhe von bis zu 1,6 Mio. Euro zu fördern.